Montag, 13. Juni 2005

Geschichten des Nordens- Bericht von Ibn A'Shabar

Auszug aus den Berichten über die Fahrten des Händlers Ibn A'Shabar...

„...und wir nährten uns mit einem stetigen Wind von Süden der eisigen Küste dieses öden Landes. Es war kalt, die Gischt gefror noch in der Luft und traf uns wie nadelgroße Klingen und schnitt in unsere Haut. Steuermann Hadrin steuerte das Schiff durch die aufgewühlte See, sein Blick aufmerksam die graue schnee- und eisbedeckte Küste absuchend. Als ich ihn darauf ansprach, antwortete er: „Dies sind Vjallviker-Gewässer, wir müssen wachsam sein.“
Ich verstand ihn damals nicht, doch er war nicht bereit darüber zu sprechen, deshalb ließ ich es darauf beruhen und starrte hinaus auf dieses, schon aus der Ferne ungastliche, Land. Ich war vor vielen Monden aufgebrochen, um die Lande zu bereisen und die Profite meines Vater zu mehren. Doch schien es mir schleierhaft welche Schätze hier sein sollte. Doch die Kundschafter unseres Handelshauses waren überzeugt, dass hier teuerstes Holz, feinste Pelze und reinstes Erz zu finden sei. Doch mehr noch, da war ich mir sicher, faszinierte meinen Vater etwas völlig anderes. Etwas das er selbst mir, mir seinem ältesten Sohn, nicht anvertraute. Unser Schiff begann entlang der Küste zu kreuzen, die ich nur als dunklen Strich erkennen konnte. Die Sonne sollte hoch über unseren Köpfen stehen, doch ihr Licht war wie das einer abgeblendeten Laterne, fahl und wenig wärmend. Ich wickelte mich enger in meinen Mantel, als ein Ruf von dem Ausguck mich aufschauen ließ.
„Schiffe steuerbord ab.“
Zunächst sah ich nichts ausser den schwarzen Fluten, doch dann nahm ich die Punkte war, die sich mit rasender Schnelle nährten. Meine Augen suchten Hadrin. Dieser blickte angestrengt durch sein Fernrohr auf die Fremden. Als er es dann absetzte, war sein Gesicht beinahe so bleich, wie das Eis auf seinem Bart. „Setzt alle Segel, wir drehen in den Wind. Beeilung, Beeilung.“
So aufregent hatte ich die Besatzung noch nie erlebt. Alles schien zu laufen, zu hasten. Nur unter Mühen gelang es mir, zu Hadrin zu gelangen, der das Steuer hart herumriss. Auf meine Frage hin, sah er mich nur finster an und antwortete widerwillig:
„Ihr wolltet doch wissen, was Vjallwiker sind, nicht wahr Ibn? Nun ihr werdet es bald erfahren, denn das da sind sie und wir können nicht vor ihnen davon laufen.“
Das mochte ich kaum glauben, denn Hadrins Schiff war schnell wie die Möwe, gebaut um vor den schwerfälligen Kriegsschiffen zu flüchten. Doch tatsächlich die Fremden kamen immer näher, bald konnte ich sehen, dass Ruder wie Schwingen über die Wellen schwebten, die Masten dagegen waren leer. Es waren eigenartige, flache Schiffe. Sie schienen offen zu sein, nur von einer Art Plane abgedeckt, ihr einziger Mast war kurz und sowohl Bug als auch Heck waren mit hochgezogenen Hölzern versehen. So sehr sich Hadrin auch abmühte, der Abstand wurde immer geringer.
Um mich herum zogen die Seeleute ihre Waffen, Säbel, Belegnägel oder Spieße. Auf den Vjallwiker-Booten sah ich dagegen noch nichts. Bis sie mit uns gleich auf waren und die Plane zurück gerissen wurde. Ich sah sie genau. Auf jedem Schiff waren wohl 3 Dutzend von ihnen, alle in Felle und Pelze gekleidet, über denen sie silberne Rüstungen trugen und alle bewährt mit Äxten, Schwertern und Lanzen. Zunächst glaubte ich an Menschen, doch dann sah ich ihre Gesichter. Ihre Züge waren schmal, die Haut hell, tief-blaue Augen funkelten mich aus der Ferne an, während jeder von ihnen eine wallende Haarpracht trug, von so einer ungewöhnlichen Farbe, dass ich an die Eisberge denken musste, die ich gesehen hatte. Auch waren Frauen unter ihnen, von einer solch ungewöhnlichen und unwirklichen schönheit, dass ich beinahe die Gefahr vergass. Aber was mich überzeugte, dass dies keine Menschen waren, das waren ihre Ohren, die nicht rund waren wie die meinigen, sondern langgezogen spitz und sich kühn nach hinten streckten. Ein Wolfskopf blickte mich mit gefletschten Zähnen vom Bug her an.
Dann flogen die Haken und ich zog mein Schwert...“

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