Montag, 5. Juni 2006

Der letzte Bericht des Händlers Ibn A'Shabar...

Ich bin alt geworden, hier im Lande der Islifiri. Ich kann mich über mein Leben nicht beklagen. Ich habe viel hier gefunden, das mir in meiner Heimat verwährt gewesen wäre. Ich hätte einen Teil der Geschäfte meines Vater übernommen und eine Frau geheiratet, die ich nicht liebe. Ich hätte ein halbes dutzend Kinder gehabt, die sich später um eine Erbe streiten. Ich hätte ein Haus in der Stadt gehabt, dass irgendwann von einem Rivalen angezündet worden wäre.
Nein, ich lebe ein gutes Leben hier. Und ich werde es sicherlich noch länger leben. Ich liebe Annve von ganzem Herzen, auch wenn ich weiß, dass sie mich bei weitem überleben wird. Ich habe ein kleines Gehöft am Rande des Dorfes. Ich bin glücklich, zu jagen und zu fischen, wenn ich es möchte. Ich bin auch glücklich nur durch die Wälder zu streifen, ohne festes Ziel und ohne auf meine Zeit zu achten. Sicherlich, das Leben hier kann hart sein und es ist oft auch. Manch einen Kampf habe ich ausgefochten, gegen die Kälte, gegen Bestien und weitaus schlimmeres. Doch ich will dieses Leben nicht mehr missen.

Aber jetzt, wo ich weiß, dass ich nie wieder meine Heimat sehen werde, jetzt da mir vielleicht noch zehn oder zwanzig Jahre bleiben, schmerzt es mich doch, wenn ich daran denke, dass niemand von meinem Schicksal weiß. Wenn überhaupt, kennen sie nur die Geschichte von meiner Entführung. Sie halten mich für tot. Dies ist für mich nicht das schlimmste- so seltsam es scheinen mag-, schlimm ist für mich der Gedanke, dass dieses Gerücht die Angst vor den unbekannten Wesen auf Halmanika anfacht. Unwissenheit und Angst ergibt leider zu oft eine Mischung, die allzu leicht in Flammen aufgeht. Dies hätte ich gern vermieden. Dies war einer der Gründe, einer von vielen, weshalb ich seit Jahren, solang ich hier lebe, weiterhin alles aufgezeichnet habe. Die Hoffnung, dass ich vielleicht doch einmal jemanden diese Berichte hätte geben können. Doch diese Hoffnung wird wohl nie erfüllt werden.

Man soll nie voreilig mit einen Schlüssen sein. So werde ich auch jetzt nicht jubeln. Aber mein Gram der letzten Zeit ist fort. Einige unserer Jäger haben ein fliegendes Gefährt entdeckt, dass in der Entfernung das Land überfliegt. Die Vjallwiker misstrauen diesem Eindringling und einige fordern es mit Pfeilen zu beschießen. Ich habe jedoch schnell gehandelt, da ich für mich eine unwiderbringliche Möglichkeit sehe. Ich habe ihnen gesagt, dass ich dieses Art von Fahrzeug kenne. Keine Lüge, aber auch nicht unbedingt die Wahrheit, denn die einzige Himmelsbarke, die ich jemals sah, war weit entfernt. Ich habe angeboten, heraus zu finden was sie wollten und sie zu bitten unser Land zu verlassen. Faern, Annves Vater, sah mich mißtrauisch an, aber er stimmte meinem Plan zu. Also habe ich begonnen in der Nacht ein großes Feuer aus Kiefern zu entzünden, dessen loderne Flammen weithin sichtbar sind. Es ist am Rande des Waldes, fern von unserem Dorf, ich möchte es nicht gefährden. Schließlich weiß ich nicht, welche Absichten dieses Schiff oder seine Besatzung hat.

Nun könnte endlich der Augenblick gekommen sein. Man berichtet, dass die Barke sich langsam nährt. Ich schreibe noch schnell diese Zeilen und dann binde ich meine Stücke zusammen und wickele sie in Lagen von Wolfspelzen. Zudem lege ich das Medallion meiner Familie dazu, denn ich brauche es nicht mehr. Der Wüstenfalke bin ich schon lange nicht mehr, ich bin nun einer der Schneewölfe. Annve möchte mich unbedingt begleiten, sie scheint zu wissen, was ich vorhabe und sie billigt es. Sie kennt meine Nöte, schon so lang sie mich kennt, denn die Sorgen sind ein Teil von mir gewesen, bis zum heutigen Tage. Vielleicht hofft sie, dass sie dann endlich alles von mir besitzt. Eine Hoffnung, die ich mit ihr insgeheim teile.

Aber in mir ist eine neue Sorge gewachsen. Denn ich berichte auch von den Schätzen, die dieses Land birgt. Gefährde ich nicht mein neues Volk damit? Locke ich nicht die Gierigen hierher? Vielleicht, doch ich vertraue darauf, nein weiß, dass die Islifiri sich verteidigen werden, wie sie es auch seit hunderten von Jahren getan haben. Ein jeder der mit Gier im Herzen kommt, wird den Zorn dieses uralten Volkes spüren. Und auch er wird für alle Ewigkeiten verschwinden. Ohne dabei mein Glück zu erfahren...

So beende ich hiermit meine Aufzeichnungen. Ich begann sie vor beinah zwanzig Jahren, als jemand der in die Gefangenschaft ging und ich schließe sie ab, als jemand der sich aus dem Kerker befreit hat, der sein Leben hätte sein können. Dies war sie, die Geschichte von Ibn A'Shabar, dem Händler aus der Wüste, dem Rundohr, das ein Islifiri wurde. Möge man dies lesen und daraus lernen.

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